Kundenbewertungen – das wichtigste Kaufkriterium im Internet
Letztes Wochenende surfte ich im Internet auf der Suche nach einem seriösen Casino, um Roulette zu spielen, und instinktiv begann ich, Bewertungen von anderen Spielern zu lesen, welche die besten Plattformen sind, um online zu spielen. Online-Bewertungen sind ein wichtigeres Entscheidungskriterium als Empfehlungen der Familie oder von Freunden.
Unternehmen sollten deshalb ihr Bewertungsprofil pflegen und negative Bewertungen, wenn möglich vermeiden oder löschen. Eine Studie des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom) zeigt, dass Kundenbewertungen in Onlineshops und Bewertungsportalen wie Tripadvisor und Google My Business (GMB) für Verbraucher das relevanteste Entscheidungskriterium beim Online-Shopping sind.
Marketingexperten empfehlen Unternehmen deshalb ihre erhaltenen Bewertungen zu überwachen und nach Möglichkeit eine negative Google-Bewertung löschen zu lassen. Befragt wurden für die Studie 1.114 Online-Käufer ab 14 Jahren. Knapp zwei Drittel (65 %) der Umfrageteilnehmer gaben an Kundenbewertungen vor dem Kauf eines Produkts, als Entscheidungshilfe zu nutzen. Online-Bewertungen sind damit ein noch wichtigeres Kriterium als Preisvergleichsseiten wie Idealo oder guenstiger.de, die von der Hälfte (51 %) der Verbraucher vor dem Kauf eines Produkts nutzen.
Online-Bewertungen wichtiger als persönliche Empfehlungen
Überraschenderweise bevorzugen deutsche Konsumenten Online-Bewertungen als Informationsquelle sogar gegenüber persönlichen Empfehlungen der Familie oder von Freunden und Kollegen, die nur von der Hälfte (50 %) vor einem Produktkauf um Rat gefragt werden. Weitere wichtige Informationsquellen sind die Webseite der Händler (49 Prozent) und Testberichte aus Online- und Printmedien sowie dem Fernsehen (42 %). Dr. Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer erklärt, dass „Kunden das Internet zunehmend als Informationsquelle nutzen, bevor sie auf den Kaufen-Button drücken. Unabhängige Bewertungen können ein guter Wegweiser durch die große Auswahl im Netz sein.“
Vertrauensbonus durch gute Bewertungen
Die Studie zeigt außerdem, dass Online-Bewertungen das Vertrauen in die angebotenen Produkte steigern. Vier von zehn (39 %) der Online-Käufer haben laut eigenen Angaben weniger Vertrauen in Produkte oder Dienstleistungen, zu denen es bisher keine Bewertung im Internet gibt. Laut Rohleder „können Online-Shops mit transparenten Bewertungen auf ihrer Homepage ihren Kunden wichtige Kaufhilfen bieten und gleichzeitig das Vertrauen potenzieller Neukunden gewinnen und sich von anderen Online-Händlern positiv absetzen.“ Das hohe Vertrauen in Online-Bewertungen ist laut den Studienergebnissen darauf zurückzuführen, dass die Bewertungen sich bei vielen Kunden (38 %) mit der persönlichen Einschätzung des Produkts decken. Um anderen Käufern ebenfalls helfen zu können, schreiben Online-Käufer deshalb häufig (45 %) selbst Bewertungen zu Dienstleistungen und Produkten.
Informationsquelle für alle Altersgruppen
Laut den Umfrageergebnissen werden Online-Bewertungen von allen Altersgruppen als Informationsquelle genutzt. Wie erwartet ist der Anteil in der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen am höchsten (75 %). In der Altersgruppe über 65 Jahren nutzen aber ebenfalls viele Online-Käufer (52 %) Kundenbewertungen als Entscheidungshilfe. Einige Umfrageteilnehmer (19 %) gaben hingegen an, grundsätzlich kein Vertrauen in Produktbewertungen zu haben, weil sie vermuten, dass diese vom Anbieter gefälscht werden. Am stärksten (25 %) ist das Misstrauen bei Senioren ab 65 Jahren ausgeprägt. Laut Rohleder „sind Online-Bewertungen immer subjektiv, manchmal unzutreffend und tatsächlich finden sich in der Menge an Rezensionen auch immer mal wieder gefälschte.“
Trotzdem sollte laut dem Experten niemand vollkommen auf die Informationsmöglichkeit verzichten. Wichtig ist es hingegen, wie Rohleder erklärt, dass „die Echtheit und Authentizität der Bewertungen für Shopbetreiber die höchste Priorität haben muss.“ Dazu gibt es neben geschulten Mitarbeitern auch spezielle Software, die bekannte Fälschungsmuster erkennt.
Was sind die Beweggründe hinter falschen Kundenbewertungen?
Es lohnt sich für Unternehmen, Zeit und Geld in die Hand zu nehmen, um niedrige Durchschnittsbewertungen anzuheben oder schlechte Rezensionen in einer Flut positiver Darstellungen untergehen zu lassen. Der Großteil der falschen Kundenbewertungen dient also der direkten Beeinflussung potenzieller Kunden. Problematisch sind sie deshalb, weil sie den fairen Wettbewerb schädigen und Kunden täuschen. Falsche Bewertungen in Auftrag zu geben, ist also kein Kavaliersdelikt, sondern kann Abmahnungen und Schadensersatzklagen zur Folge haben.
Wer verfasst falsche Kundenbewertungen?
Anfangs waren es oftmals die Unternehmen selbst, die ihren Produkten falsche Bewertungen verpassten. Die Fakes waren häufig deutlich zu erkennen – die Rezensionen klangen wie Werbetexte direkt aus der Marketingabteilung. Darauf reagierten die Plattformen, indem sie versuchten, allzu offensichtliche Fälschungen zu unterbinden. Grundsätzlich stecken die Online-Händler und Suchmaschinen in der Zwickmühle, dass sie so viele Bewertungen wie möglich einholen wollen. Je mehr Bewertungen sie vorweisen, desto relevanter werden sie für den Nutzer. Ist jedoch ein signifikanter Anteil der Wertungen falsch, untergräbt dies das Vertrauen in den Anbieter. Es entwickelte sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Betrügern und den Plattformen. Letztere setzen auf neue Techniken, um Fakes zu entlarven: Der Online-Händler Amazon etwa prüft mittlerweile mithilfe seiner riesigen Datensammlung, ob der Rezensent an dem bewerteten Produkt beteiligt war oder in einem familiären Verhältnis mit dem Anbieter steht.
Aber auch das Geschäft mit Fake-Bewertungen hat sich professionalisiert. Mittlerweile haben sich Agenturen auf das Verfassen von falschen Kundenbewertungen spezialisiert. Ein sorgsam gepflegtes Geflecht von Fake-Profilen vergibt gegen Bezahlung Bewertungen und schreibt positive Kommentare, die kaum noch von echten Kundenmeinungen zu unterscheiden sind. Seit Neuestem ist die Thematik nun auch ein Politikum: Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat im Januar 2021 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Online-Plattformen verpflichten soll offenzulegen, mit welchen Maßnahmen sie falsche Bewertungen verhindern. Agenturen, die falsche Kundenbewertungen anbieten, sollten Sie unbedingt meiden. Es ist angesichts des technologischen Fortschritts nur eine Frage der Zeit, bis die unseriösen Geschäftspraktiken aufgedeckt werden. Dann droht unter anderem die Löschung aller Bewertungen und Profile, die mit dieser Agentur zusammenhängen.