Streaming, Online-Banking, Telemedizin: So nutzen Senioren digitale Technologien
Der Digitalverband Bitkom berichtet über die Auswirkungen der Corona- Krise in Hinblick auf die Internetnutzung durch Senioren.
* Bei Senioren bleibt der große Corona Digital-Schub aus
* Aber: Fast zwei Drittel der älteren Onliner können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen
Berlin, 18. August 2020
Die Corona-Krise hat zwar einige zuvor skeptische Senioren von der Digitalisierung überzeugt, der große Digital-Schub blieb bei älteren Menschen aber aus. Das zeigt eine Studie des Digitalverbands Bitkom, für die im Januar und Juli 2020 jeweils repräsentative Befragungen unter mehr als 1.000 Menschen über 65 Jahren durchgeführt wurden. Demnach gaben im Juli sieben von zehn Personen ab 65 Jahren (69 Prozent) an, dass sie die Digitalisierung als Chance sehen – ein Zuwachs von 5 Prozentpunkten im Vergleich zum Jahresanfang (64 Prozent). Eher eine Gefahr in der Digitalisierung sehen derzeit drei von zehn der Senioren (29 Prozent), im Januar waren es 33 Prozent. Inzwischen zeigt sich fast jeder Zweite (45 Prozent) technologischen Neuerungen gegenüber zumindest aufgeschlossen, zum Jahresanfang sagten dies 38 Prozent. Der Anteil der älteren Internetnutzer hat sich hingegen kaum verändert innerhalb dieses Jahres: Nach wie vor ist jeder Zweite ab 65 Jahren online (Juli: 49 Prozent, Januar: 48 Prozent). Zum Vergleich: Im Jahr 2014 waren es erst 38 Prozent. „Digitale Technologien haben sich während der Corona-Pandemie in vielen Bereichen bewährt“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Der Schritt ins digitale Neuland fällt Senioren aber immer noch schwer – es braucht noch mehr Hilfsangebote.“
Videotelefonie macht großen Nutzersprung während der Pandemie
Wer das Internet nutzt, war während der Corona-Pandemie noch intensiver als zuvor online oder hat neue Dienste ausprobiert. Praktisch alle Onliner unter den Senioren schreiben zumindest ab und zu E-Mails (96 Prozent) und suchen nach Informationen zu persönlichen Interessen (93 Prozent). Online-Nachrichten zum aktuellen Geschehen lesen 88 Prozent, vor dem Corona-Ausbruch waren es erst 84 Prozent. In Online-Shops kaufen inzwischen 72 Prozent ein, plus 5 Prozentpunkte innerhalb eines halben Jahres. Auf Online-Banking setzen 69 Prozent der älteren Internetnutzer, das sind drei Prozentpunkte mehr als im Januar 2020. Auch Video-Streaming wird mehr genutzt: Vier von zehn der älteren Onliner (44 Prozent) schauen über das Internet Videos, Filme und Serien, ein Anstieg um 4 Prozentpunkte (Januar: 40 Prozent). Den größten Sprung bei der Beliebtheit von Online-Diensten macht die Videotelefonie: Vier von zehn Onlinern ab 65 Jahren (40 Prozent) nutzen sie mittlerweile, Anfang des Jahres waren es erst drei von zehn (31 Prozent). Gut jeder dritte Online-Senior (34 Prozent) ist auch in sozialen Netzwerken unterwegs. Die beliebteste Plattform unter den Social-Media-Nutzern ab 65 Jahren ist dabei mit Abstand Facebook: 57 Prozent von ihnen sind dort aktiv, das entspricht 9 Prozent aller Senioren in Deutschland.
„Auch wenn das Internet unter älteren Menschen kaum zusätzliche Fans gewonnen hat: Wer sich einmal in die digitale Welt bewegt hat, möchte sie nicht mehr missen“, so Berg. Sechs von zehn älteren Internetnutzern (62 Prozent) können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Und fast alle (94 Prozent) konnten dank des Internets ihr Wissen erweitern. Drei von vier (76 Prozent) hilft das Internet dabei, gedanklich fit zu bleiben. Stärkeren Kontakt zur eigenen Familie haben durch das Internet mehr als die Hälfte (55 Prozent). Die Nicht-Onliner hingegen vermissen den Nutzen am Internet. Jeder Zweite (52 Prozent) von ihnen meint: Das brauche ich nicht. Ähnlich vielen (49 Prozent) fehlen die technischen Möglichkeiten für einen Internetzugang und drei von zehn (30 Prozent) wollen sich im höheren Alter nicht mehr mit der Digitalwelt beschäftigen. Viele Nicht-Nutzer würden gerne auf das Internet zugreifen, sie haben aber niemanden, der ihnen das Internet zeigen könnte. Jeder siebte von ihnen (14 Prozent) gibt dies an. „Wir dürfen nicht zulassen, dass grundsätzlich Interessierte der digitalen Welt fernbleiben, weil ihnen die passende Unterstützung fehlt“, so Berg. „Gerade ältere Menschen brauchen Begleitung bei den ersten Schritten in die digitale Welt.“
Zwei von fünf Senioren nutzen ein Smartphone
Das wichtigste Gerät ist für Senioren der traditionelle Tisch-PC. Mehr als jeder Zweite (54 Prozent) verwendet zumindest hin und wieder einen Desktop-PC zwei von fünf (42 Prozent) nutzen einen Laptop, jeder Fünfte (20 Prozent) einen Tablet-PC. 41 Prozent nutzen ein Smartphone, ein Viertel (25 Prozent) telefoniert aber noch mit einem gewöhnlichen Handy ohne Touch-Display oder Apps. Ein Smart-TV kommt bei drei von zehn (30 Prozent) zum Einsatz. Und jeder Neunte (11 Prozent) verwendet einen Fitnesstracker.
Für Angebote im Bereich digitaler Gesundheitslösungen wächst die Bereitschaft der Generation 65Plus. Zwei von vier Internetnutzern ab 65 Jahren (38 Prozent) lassen sich inzwischen Erinnerungen für Arzttermine per SMS oder Email schicken, weitere 53 Prozent können sich dies vorstellen. 37 Prozent vereinbaren solche Termine heute bereits online, zwei von fünf (42 Prozent) würden dies künftig tun. Per E-Mail (21 Prozent) oder Messenger (19 Prozent) kommuniziert jeder Fünfte mit seinem Arzt, weitere 48 Prozent bzw. 46 Prozent können sich das vorstellen. Eine telemedizinische Überwachung nutzen heutzutage 6 Prozent der Onliner unter den Senioren, die Hälfte (50 Prozent) würde dies in Zukunft machen. Auch digitale Gesundheitsleistungen, die erst in den kommenden Jahren verfügbar sein werden, stoßen bei älteren Internetnutzern auf großes Interesse. So kann sich mehr als jeder Zweite (53 Prozent) vorstellen, die elektronische Patientenakte zu nutzen, 40 Prozent das E-Rezept. „Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann die medizinische Versorgung verbessern und die Infektionsgefahr für die durch Corona besonders gefährdeten älteren Menschen erheblich reduzieren “, so Berg. „Viele Senioren zeigen eine beeindruckende Offenheit gegenüber digitalen Gesundheitslösungen.“
Noch mehr Schutz und Hilfsangebote gefordert
Von der Politik wünschen sich Senioren noch mehr Unterstützung bei Digitalthemen. Sechs von zehn (61 Prozent) wollen, dass die Politik das Internet insgesamt sicherer macht. Ähnlich viele (59 Prozent) plädieren für mehr Hilfsangebote für Menschen, die nicht mit dem Internet groß geworden sind. 44 Prozent meinen, es sollte dafür gesorgt werden, dass es auch in ländlichen Gebieten ein schnelles und bezahlbares Internet gibt. Und jeder Dritte (33 Prozent) wünscht sich mehr telemedizinische Angebote. „Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Digitalpolitik, gerade auch älteren Menschen den Zugang zur digitalen Welt zu erleichtern“, so Berg. Aus Bitkom-Sicht könnten digitale Streetworker dabei helfen, ältere Menschen in die Online-Welt zu begleiten. In Kommunen sollten zudem flächendeckend Erfahrungs- und Erprobungsräumen für neue Technologien eingerichtet werden, wo Medien und digitale Technologien niedrigschwellig ausprobiert werden können. Und in den für ältere Menschen relevanten Berufsgruppen sollten aus Bitkom-Sicht darüber hinaus verstärkt digitale Kompetenzen in den Ausbildungsplänen sowie in Studiums- und Weiterbildungscurricula verankert werden.
Bundesweiter Digitaltag für mehr Teilhabe
Um die digitale Teilhabe quer durch alle Altersklassen und gerade auch für ältere Menschen zu fördern, hat Bitkom zusammen mit 27 weiteren Organisationen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Wohlfahrt und öffentliche Hand den Digitaltag ins Leben gerufen. Mit mehr als 1.400 Aktionen hat der Digitaltag in diesem Jahr Menschen in ganz Deutschland erreicht. Der nächste Digitaltag findet am 18. Juni 2021 statt. Weitere Informationen gibt es unter http://www.digitaltag.eu/
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research http://www.bitkom-research.de/ im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden im Januar 2020 und im Juli 2020 1.086 bzw. 1.075 Personen in Deutschland ab 65 Jahren telefonisch befragt.
Quelle: Digitalverband bitkom