Dr. Sommer in der Bravo war gestern: Sexuelle Aufklärung im Netz – Fluch oder Segen des Internets
Das Internet bietet Heranwachsenden die Möglichkeit, sich bereits in frühem Alter über Sexualität zu informieren. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, denn die Jugendlichen geraten dabei häufig mit kritischen Informationen und Bildern in Berührung.
Lange Zeit galt Sexualität und damit auch sexuelle Aufklärung als gesellschaftliches Tabuthema. Ende der 60er Jahre entstand in der Jugendzeitschrift „Bravo“ schließlich die Rubrik „Dr. Sommer“, in der Heranwachsende sich erstmals anonym mit ihren intimen Fragen an einen Psychotherapeuten wenden konnten. Heutzutage sind die Medien gefüllt mit sexuellen Thematiken. Über das Internet haben Kinder bereits im jungen Alter Zugang zu Informationen über Sexualität und sogar Pornografie.
Gibt es Dr. Sommer auch heute noch?
„Dr. Sommer“ galt unter Teenagern lange als erster Ansprechpartner in Sachen sexueller Aufklärung. Das Team um den Düsseldorfer Psychotherapeuten Martin Goldstein beantwortete intime Fragen von Jugendlichen schon im Jahre 1969, als das Thema noch als gesellschaftliches Tabu galt. Bereits Mitte der 70er Jahre erreichte den Therapeuten eine solche Vielzahl an Briefen ratloser Teenager, dass er die Arbeit nicht mehr alleine bewältigen konnte und sich Unterstützung holte. So wurde aus „Dr. Sommer“ schnell das „Dr.-Sommer-Team“. Den einstmaligen „Dr. Sommer“ gibt es zwar nicht mehr, doch auch heute noch existiert die gleichnamige Rubrik in der Zeitschrift, auf der Online-Seite des Magazins sowie auf Youtube. Auch heute noch ist es ein ganzes Team, welches sich der privaten Fragen von Teenagern in der Pubertät annimmt und mit Ratschlägen zur Seite steht. Das sogenannte „Aufklärungsportal“ wird monatlich über 4 Millionen Mal aufgerufen.
Warum ist sexuelle Aufklärung für Heranwachsende wichtig?
Da für Jugendliche Sexualität ab einem gewissen Alter ein sehr wichtiges Thema ist, ist auch sexuelle Aufklärung von großer Bedeutung. Durch eine angemessene Aufklärung können Kinder und Jugendliche lernen, über ihre sexuellen Fragen, Probleme und auch Wünsche zu sprechen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Eltern möglichst früh damit anfangen, ihre Kinder auf eine altersgemäße Art und Weise über die menschliche Fortpflanzung aufzuklären. Gelegenheiten hierfür bieten sich beispielsweise, wenn eine Bekannte schwanger wird und ein Baby bekommt. In diesem Fall können Eltern erklären, wie Kinder entstehen und zur Welt kommen. Zudem ist es für Kinder wichtig zu wissen, dass ihr Körper sich in der Pubertät verändern wird und sie zu einem erwachsenen Menschen heranwachsen. Ab einem gewissen Alter ist es zudem wichtig, dass Eltern, Lehrer oder andere Pädagogen mit den Kindern oder Jugendlichen auch über Themen wie Sex und sichere Verhütung sprechen. Studien zeigen, dass aufgeklärte Kinder seltener Opfer sexueller Gewalt sind, seltener ungewollt schwanger werden und sich seltener mit Geschlechtskrankheiten anstecken.
Folgende Fragen sollten Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Aufklärung beantwortet werden:
– Was passiert mit dem Körper, wenn ein Kind in die Pubertät kommt?
– Wie entsteht ein Kind?
– Wie kann man sich vor Krankheiten schützen?
– Was ist in sexuellen Beziehungen erlaubt und was ist verboten?
– Wie lässt sich eine ungewollte Schwangerschaft verhindern?
– Wie schützt man sich vor sexueller Belästigung?
In welchem Alter ist sexuelle Aufklärung sinnvoll?
Sexuelle Aufklärung findet über einen langen Zeitraum statt, denn das Kennenlernen der eigenen Sexualität ist Teil des natürlichen Reifeprozesses jedes Kindes. Sexualaufklärung sollte stets an die Entwicklungsphase des Kindes angepasst sein und altersgerecht erfolgen. Bereits ab einem Alter von drei Jahren treten bei Kindern erste Fragen rund um die Sexualität auf – die Kinder fragen sich beispielsweise, wie Babys entstehen und warum Männer anders aussehen als Frauen. Kindern sollten auf derartige Fragen stets eine ehrliche und altersgerechte Antwort erhalten. Die Wortwahl sollte dabei auf das Alter des Kindes angepasst sein. Eltern sollten offen und frei auf jede Frage ihres Kindes eingehen, um dem Kind das Gefühl zu vermitteln, dass es mit seinen Fragen nicht alleine ist. Vor dem Einsetzen der Pubertät sollte das Kind wissen, dass sein Körper sich im Laufe der nächsten Jahre verändern wird. Beim Eintreten der Geschlechtsreife sollten mit dem Kind zudem gezielte Gespräche über Verhütung sowie den Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten geführt werden. Da Jugendliche häufig Hemmungen haben, mit ihren Eltern über derartige Themen zu sprechen, informieren sie sich häufig über das Internet und tauschen sich mit Gleichaltrigen aus.
Wo liegen die Vorteile und Gefahren von sexueller Aufklärung im Internet?
Die leichte Verfügbarkeit von sexuellem und pornografischem Material im Internet stellt sowohl Heranwachsende, als auch deren Eltern vor neue Herausforderungen. Im Internet finden sich teilweise Falschinformationen oder pornografische Inhalte, in denen beispielsweise Sexualität und Gewalt verbunden werden. Dadurch entsteht die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche falsche Vorstellungen von einem gesunden Sexualleben bekommen. Pornografische Inhalte können in Kindern und Jugendlichen Irritation hervorrufen oder falsche Vorstellungen von der Zweisamkeit vermitteln. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Kindern auch außerhalb des Internets Werte und Normen vermittelt werden, damit sie derartige pornografische Inhalte einordnen und eine gesunde Vorstellung von Sexualität entwickeln können. Das Zeitalter des Internets erfordert eine zusätzliche Aufklärungsarbeit durch Eltern und Pädagogen, die darauf abzielt, mit den Jugendlichen die Pornoindustrie und andere Inhalte des Internets zu reflektieren. Auf diese Weise können die Heranwachsenden lernen, sich verantwortungsbewusst und selbstständig mit dem Thema Sexualität auseinanderzusetzen.